For­de­run­gen des Insol­venz­ver­wal­ters beim MPC Ree­fer Flot­ten Fonds 1 sind streitig

Der AAA sieht für die in mehr­fa­cher Hin­sicht gebeu­tel­ten Anle­ger des Ree­fer Flot­ten Fonds 1 in einem Aspekt Anlass zur Hoff­nung. Der damals hoch­ge­lob­te Schiffs­fonds mit acht bei Ankauf neu­en Kühl­schif­fen, die nach den Pro­spekt­aus­sa­gen güns­tig ein­ge­kauft wer­den konn­ten, ist seit 2019 insol­vent. Die Pro­spekt­haf­tungs­kla­gen, die meh­re­re Hun­dert Anle­ger ein­ge­reicht haben, sind wegen des noch lau­fen­den Ver­fah­rens nach dem Kapi­tal­an­le­ger­mus­ter­ver­fah­rens­ge­setz (KapMuG) aus­ge­setzt. Das OLG Ham­burg hat im KapMuG-Ver­fah­ren noch kei­ne Ent­schei­dung getrof­fen, aber deut­lich zu erken­nen gege­ben, dass nach sei­ner Auf­fas­sung erheb­li­che Pro­spekt­feh­ler vor­lie­gen. In die­sem Ver­fah­ren und damit für meh­re­re Hun­dert Anle­ger kommt es aller­dings dar­auf an, ob es letzt­lich bei der Auf­fas­sung des XI. Zivil­se­nats des BGH bleibt, dass die gegen­über den Grün­dungs­ge­sell­schaf­tern gel­tend gemach­ten Ansprü­che schon inner­halb von drei Jah­ren nach Bei­tritt ver­jährt waren, oder ob der II. Zivil­se­nat des BGH, der nach eige­nem Bekun­den eine ande­re — deut­lich anle­ger­freund­li­che­re — Auf­fas­sung ver­tritt, die­se Auf­fas­sung auch kurz­fris­tig in eine Ent­schei­dung mün­den lässt. Das wür­de dann dazu füh­ren, dass sich der Gro­ße Senat des BGH mit die­ser Fra­ge befas­sen muss. Bis dahin hän­gen die kla­gen­den Anle­ger, die auf die­sem Weg ihr ein­ge­setz­tes Kapi­tal zurück­er­lan­gen wol­len, noch wei­ter in der Luft.

Rot weißes Kühlschiff wie die Schiffe des MPC Reefer Flottenfonds 1, mit starken Abnutzungen und Roststellen im Meer vor steiniger Küste.

Ree­fer Kühl­schiff
Bild von Kon­stan­tin auf Pixabay

Schlim­mer wur­de die Situa­ti­on im Novem­ber 2022, und zwar auch für die Anle­ger, die nie eine Kla­ge ein­ge­reicht hat­ten. Da for­der­te der Insol­venz­ver­wal­ter des Ree­fer Flot­ten Fonds 1 alle treu­hän­de­risch betei­lig­ten Anle­ger, die nicht bereits vor der Insol­venz im Zuge von Sanie­rungs­be­mü­hun­gen in den Anfangs­jah­ren erhal­te­ne Aus­schüt­tun­gen wie­der ein­be­zahlt hat­ten, zur Rück­zah­lung die­ser Aus­schüt­tun­gen auf. Wir haben umge­hend das zugrun­de lie­gen­de Zah­len­werk geprüft und die For­de­rung dem Grun­de nach auch anwalt­lich über­prü­fen las­sen. Zu die­sem Zeit­punkt haben weder wir noch die uns bera­ten­den Anwäl­te einen Ansatz­punkt gese­hen, die For­de­rung des Insol­venz­ver­wal­ters zurück­zu­wei­sen. Das hat sich jetzt geändert.

Von den rund 6.000 Anle­ger des MPC Ree­fer Flot­ten Fonds 1 sind unge­fähr 800 in Öster­reich ansäs­sig. In Öster­reich ansäs­si­gen Anle­gern ste­hen in die­ser Situa­ti­on recht­lich mehr Mög­lich­kei­ten offen als deut­schen Anle­gern. In die­sem Fall hat der Ver­ein für Kon­su­men­ten­in­for­ma­ti­on (VKI) in Öster­reich gegen­über dem Insol­venz­ver­wal­ter durch­set­zen kön­nen, dass die in Öster­reich ansäs­si­gen Anle­ger nicht an den Insol­venz­ver­wal­ter zah­len müs­sen oder, falls sie bereits bezahlt haben, das Geld zurück­er­hal­ten. Unbe­strit­ten bleibt dabei die bilan­zi­el­le Her­lei­tung der Ansprü­che des Insolvenzverwalters.

Grund für die Zurück­wei­sung ist die Nich­tig­keit der Frei­stel­lungs­klau­seln im Treu­hand­ver­trag zwi­schen den Anle­gern und der TVP Treu­hand- und Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft für Publi­kums­fonds mbH (TVP). Die treu­hän­de­risch über die TVP betei­lig­ten Anle­ger ste­hen nicht selbst im Han­dels­re­gis­ter, dort ist nur die TVP mit einem Haft­ka­pi­tal, das in der Sum­me dem treu­hän­de­risch ver­wal­te­ten Kapi­tal ent­spricht, ein­ge­tra­gen. Kommt es zum Wie­der­auf­le­ben der Haf­tung durch nicht gewinn­ge­deck­te Aus­schüt­tun­gen, rich­tet sich der Anspruch auf Wie­der­ein­zah­lung gegen die Treu­hän­de­rin, weil nur sie im Han­dels­re­gis­ter steht. Die TVP müss­te also das Kapi­tal wie­der in die Gesell­schaft ein­zah­len. Im Treu­hand­ver­trag ist daher gere­gelt, dass die Anle­ger als Treu­ge­ber die TVP von ent­spre­chen­den Ansprü­chen frei­stel­len. Die TVP hat ihre Frei­stel­lungs­an­sprü­che gegen­über den Anle­gern an den Insol­venz­ver­tre­ter abge­tre­ten, der inso­fern aus abge­tre­te­nem Recht gegen die Anle­ger vorgeht.

Die im Treu­hand­ver­trag des Ree­fer Flot­ten Fonds 1 ver­ein­bar­te Frei­stel­lungs­klau­sel ist aller­dings nicht auf die­sen einen Haf­tungs­fall beschränkt, son­dern so all­ge­mein gefasst, dass nicht zu erken­nen ist, wie weit die Frei­stel­lung geht. Der VKI berich­tet hierzu:

“In einer vom VKI im Ver­bands­ver­fah­ren gegen die TVP erstrit­te­nen Ent­schei­dung waren die Frei­stel­lungs­klau­seln der TVP, auf die sich der Insol­venz­ver­wal­ter berief, aller­dings rechts­kräf­tig als rechts­wid­rig qua­li­fi­ziert wor­den. Eine Erset­zung die­ser Klau­seln schei­det nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs gegen­über Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­chern aus. Damit schei­den auch Frei­stel­lungs­an­sprü­che der TVP gegen­über den Treu­ge­bern, die abge­tre­ten wer­den könn­ten, aus. Man­gels Rechts­wirk­sam­keit der Abtre­tung besteht auch kei­ne Rechts­grund­la­ge für die For­de­run­gen des Insol­venz­ver­wal­ters gegen­über den Treu­ge­ber­kom­man­di­tis­ten. Umge­kehrt soll­te die Nich­tig­keit der Frei­stel­lung­klau­seln in Hin­blick auf etwa­ig bereits geleis­te­te Zah­lun­gen Rück­zah­lungs­an­sprü­che der Betrof­fe­nen zur Fol­ge haben, die einer lan­gen 30-jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist unterliegen.”

Wir haben nun­mehr prü­fen las­sen, inwie­weit sich dies auf die deut­schen Anle­ger über­tra­gen lässt. RAin Anne Wen­ze­lew­ski, Part­ne­rin in der Kanz­lei Schirp & Part­ner, hält die Rechts­la­ge in Deutsch­land für weni­ger ein­deu­tig als in Öster­reich. Auch gibt es bei uns nicht die Mög­lich­keit einer Ver­bands­kla­ge, wie sie in Öster­reich mög­lich ist. Aber nach ihrer Auf­fas­sung spricht den­noch viel dafür, dass sich auch die deut­schen Anle­ger mit Bezug auf das öster­rei­chi­sche Urteil gegen die Rück­zah­lung weh­ren bzw. zurück­ge­zahl­te Gel­der wie­der her­aus­ver­lan­gen kön­nen. Der Akti­ons­bund Akti­ver Anle­ger­schutz e.V. orga­ni­siert daher im Rah­men der Ver­eins­mit­glied­schaft ohne Zusatz­kos­ten für die Anle­ger des MPC Ree­fer Flot­ten Fonds 1  eine gemein­sa­me — zunächst außer­ge­richt­li­che — Ver­tre­tung gegen­über dem Insol­venz­ver­wal­ter. Wei­te­re Aus­künf­te zu die­sem The­ma erhal­ten Sie direkt bei uns (Kon­takt).

Kers­tin Kon­dert, 15. März 2023

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